Thun liest ein Buch 2022
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"Tell" von Joachim B. Schmidt
Joachim B. Schmidt, geboren 1981, aufgewachsen im Schweizer Kanton Graubünden, ist 2007 nach Island ausgewandert. Er ist Autor mehrerer Romane und diverser Kurzgeschichten, Journalist und Kolumnist. Der Doppelbürger lebt mit seiner Frau und zwei gemeinsamen Kindern in Reykjavík. - 0Beiträge
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Kapitel 1
Mitten auf der Wiese hockt ein Bär. Er hat mich längst bemerkt, sitzt womöglich schon seit einer Weile da, hat mir in aller Seelenruhe zugeschaut, wie ich den Nachttopf neben der Hütte ausgeschüttet habe. Jetzt reckt er die Nase in die Luft und schnuppert. Ich bleibe reglos stehen ... - 0Beiträge
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Kapitel 2
Mein mit Eisenplatten bestücktes Wams glüht, der Helm liegt neben mir auf der Wiese. Am liebsten würde ich mir alles vom Leib reißen. Vor mir liegt der See, grün und tief. Auf dem Boden dieses Sees möchte ich jetzt liegen, wo es kühl ist, und dunkel, und einsam ... - 0Beiträge
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Kapitel 3
Ich schrecke aus einem tiefen Schlaf, höre Grosi Marie rufen: »Peter!« Ich bin noch nicht ganz bei Sinnen, stecke in einem Traum fest und warte darauf, dass Peter Antwort gibt. Vergeblich. Das Bett neben mir ist leer. Wilhelm sitzt auf einem Schemel am Großmutterbett und hält die Hand seiner Mutter ... - 0Beiträge
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Kapitel 4
Der Winter kommt. Der Boden ist hart, die Eisschicht im Brunnen wird immer dicker. Die Sonne blitzt nur noch kurz zwischen den Berggipfeln auf, die langen Winterschatten haben uns erreicht. Da, wo keine Sonnenstrahlen hinreichen, bleibt der Reif liegen ... - 0Beiträge
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Kapitel 5
Da steht er plötzlich, krumm und verschwommen, wie in einem schlechten Traum, Tell, dieser Verrückte aus dem Isental, mitten auf dem Dorfplatz! Und ich falle fast von der Wurzel der Linde, mache mich unmerklich kleiner. Langsam, ganz langsam stelle ich den Krug neben mir auf den Boden ... - 0Beiträge
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Kapitel 6
Die jubelnde Menschenmenge drängt näher, der Kreis verengt sich, der Lärm ist ohrenbetäubend. Es ist Siegesgeheul. Und wir, die wir auf den Pferden sitzen, sind die Verlierer. Was habe ich denn erwartet? Ich will Harras nicht anschauen müssen ... - 0Beiträge
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Kapitel 7
Wir tasten ihn nach Waffen ab, finden ein kleines primitives Messer, binden seine Hände auf den Rücken und legen ihm einen Strick so eng um den Hals, dass bei jedem Atemzug ein leises Pfeifen zu hören ist. Tell scheint mich trotz meiner Scharte nicht erkannt zu haben, denn er konzentriert sich nur aufs Atmen ... - 0Beiträge
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Kapitel 8
Gessler, dieses welke Mauerblümchen, ist seit dem Apfelschuss nicht mehr derselbe. Jetzt ist er dauerbeleidigt. Er macht ein verbittertes Gesicht, scheint manchmal ganz nah dran zu sein, die Nerven zu verlieren. Die Nachricht über das Bootsunglück hat ihn an den Rand der Verzweiflung gebracht ... - 0Beiträge
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Kapitel 9
Ich schrecke aus einem fürchterlichen Traum. Ich schwitze, und mein Herz rast. Domine deus! Seitdem ich Wilhelm begegnet bin, träume ich wieder öfter davon. Vater Loser liegt auf mir, sein Gewicht erdrückt mich fast. Ich versuche, ihn wegzustoßen, doch meine Arme sind kraftlos ... - 0Beiträge
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Kapitel 10
Zufriedenheit ist, wenn sich der Tag dem Ende zuneigt, die Luft abkühlt, die Sommerhitze aber noch immer im Holz der Hauswände steckt und meinen Rücken wärmt, die Mücken und Honigbienen kreuz und quer über die Weide summen und der Brunnen plätschert ... - 0Beiträge
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